Bedeutung der Inflation für die Gegenwart
Datum | Preis | Preissteigerung |
---|---|---|
1. Januar 1922 | 0,40 Mark | / |
1. Januar 1923 | 30,00 Mark | 7.400,00 % |
1. April 1923 | 200,00 Mark | 566,67 % |
1. Juli 1923 | 700,00 Mark | 250,00 % |
1. September 1923 | 150.000,00 Mark | 21.328,57 % |
1. Oktober 1923 | 10.000.000,00 Mark | 6.566,67 % |
22. November 1923 | 100.000.000.000,00 Mark | 999.900,00 % |
Quelle: Blaich, Fritz: Der schwarze Freitag. Inflation und Wirtschaftskrise. Deutscher Taschenbuch Verlag. München 1985, S. 9.
Die sich ab dem Sommer 1922 in Deutschland bemerkbar machende Hyperinflation hat sich bis heute in das kollektive Gedächtnis der Deutschen eingebrannt. Der Grundstein für die Hyperinflation wurde dagegen bereits mehrere Jahre vorher gelegt, genauer mit dem Kriegseintritt 1914. Die Erfahrung, dass die Kaufkraft der Mark zunächst von Woche zu Woche und in der Endphase sogar von Stunde zu Stunde erheblich abnahm, war für die deutsche Bevölkerung neu und traf sie daher auch völlig unvorbereitet. Zwar war man bereits während der Kaiserzeit mit dem Phänomen der Arbeitslosigkeit in Berührung gekommen, doch stellten diese Phasen meist nur sehr kurze Zeiträume dar. Der zunehmende Preisanstieg alltäglicher Güter lässt sich zum Beispiel an der Entwicklung der Preise einer Tageszeitung verdeutlichen. Diese Entwicklung verdeutlicht die neben stehende Tabelle.
Aus diesem Umstand wurde die Währungseinheit Markt im Volksmund als Papiermark bezeichnet, da die Banknote nach kurzer Zeit kaum mehr das Papier wert waren auf das sie gedruckt war. Die zunehmende Nachfrage nach Papiergeld führte die staatlichen und privaten Druckereien an die Grenze ihrer Produktionskapazitäten. Damit einherging eine stetige Erhöhung der Nennwerte auf den Banknoten. Auf den Höhepunkt der Markentwertung im Herbst 1923 liefen 1723 Druckpressen in der Reichsdruckerei und 123 privaten Unternehmen rund um die Uhr. Die sich im Umlauf befindende unvorstellbare Menge an Banknoten mit den dementsprechenden Nennwerten untermauern auch die daraus erwachsenen Kosten. Diese wurden auf 32.776.899.763.734.490.417 Mark und 5 Pfennigen beziffert. Der Engpaß zwischen den vorhandenen Kapazitäten von Druckereien und Papierfabriken auf der einen Seite und der Versorgung des Wirtschaftskreislaufes mit einer ausreichenden Menge an Papiergeld auf der anderen Seite wurde durch die stetige Erhöhung der Nennwerte gelöst. Im Sommer 1922 legte die Reichsbank den 10.000 - Markschein auf. Bereits ein Jahr später befanden sich auf 500.000 Mark lautende Banknoten im Umlauf, um mit der Geldentwertung Schritt zu halten. Gleichzeitig nahmen die Verantwortlichen der Reichsbank im Juli 1923 die „kleinen“ 1000 – Markscheine aus dem Druckprogramm, da dieser im Bezug auf die Kaufkraft von 1913 nur noch 1/3 Pfennig wert war. Demgegenüber glichen die Herstellkosten denen des 1 – Millionen – Mark – Scheines. Die Nennwerte erhöhten sich bis zur Einführung der Rentenmark am 15. Novermber 1923 und dem Ende der Inflation auf bis 100.000 – Milliarden – Mark. Demgegenüber musste man in der Endphase der Hyperinflation in Berlin beispielsweise für 1 kg Brot 428 Milliarden Mark bezahlen.
Folgen der Geldentwertung für das Wirtschaftsleben
Transportprobleme bei der Versorgung mit Zahlungsmitteln
Neben den Herausforderungen an den Druck und die Papierherstellung stellte sich der Transport der Geldscheine für die Reichsbank als zunehmend schwierig heraus. Die Frequenz mit denen die Filialen der Reichs- und Geschäftsbanken mit frischen Noten versorgt wurden erhöhte sich von monatlichen Zeitpunkten zu einer täglichen Belieferung. Zusätzlich konnte die Menge an Zahlungsmitteln nicht mehr einfach über Postsendungen abgewickelt werden, sondern musste mit Hilfe von Eisenbahnwaggons herangeschafft werden. Da in den Geschäftsbanken die Buchhaltung überwiegend per Hand durchgeführt wurde, mussten die Geschäftsbanken zusätzliches Personal einstellen. Weiterhin gestaltete sich die Umrechnung der Wechselkurse als schwierig, da diese zunahmen und sich die Anzahl der im Markt befindlichen offiziellen und inoffiziellen Währungen (Notgeld) stetig erhöhte. Diese Kosten für unproduktive Arbeit belastete den Geschäftsbetrieb erheblich und förderte die Ineffizienz. Trotz der Bemühungen der Reichsbank die Versorgung mit Zahlungsmitteln in ausreichendem Maße zu gewährleisten, bedeuteten schon kleine Streiks in den Druckereien, dass öffentliche und private Unternehmen ihre Mitarbeiter nicht mehr pünktlich bezahlen konnten. Dabei bedeutete 1923 pünktlich in der Regel täglich oder sogar mehrmals am Tag, da sich die Kaufkraft der Mark rapide verschlechterte. Um trotzdem Zahlungsmittel ausgeben zu können, druckten die meisten Gemeinden und Unternehmen Ersatzgeld und brachten dieses über Lohnzahlungen in Umlauf.
Einführung von Notgeld
Interessanterweise lauteten nicht alle Noten dieses Notgeldes auf Mark. Vielmehr kamen als Werte ebenfalls festgelegte Mengen an Gold, Getreide, Brot, Fett, Zucker, Holz, Kohle oder sonstiger wertbeständiger Güter in Betracht. Beliebt waren auch Gutscheine zu Begleichung von Strom-, Gas- und Wassergebühren, die von den jeweiligen Stadtwerken ausgegeben wurden. Diese gelangt in den regulären Zahlungsverkehr, da sie im Gegensatz zur Papiermark keinen derartigen Kaufkraftverlust aufwiesen.
Auswirkungen der Hyperinflation auf das Alltagsgeschäft der Unternehmen
Die sukzessive zunehmende Geldentwertung stellte die Lohnbuchhaltung der Firmen vor immense Probleme und beeinträchtigte in der Endphase der Inflation im Herbst 1923 sogar den Arbeitsprozess in den Betrieben. Da sich der Wert der Papiermark stündlich verringerte, stürmten die Arbeitnehmer nach Erhalt ihres Lohnes in die Geschäfte um wertbeständige Waren zu kaufen. Folgerichtig bildeten sich lange Schlangen vor den Geschäften und die Nachfrage bewirkte ihrerseits ein weiteres Ansteigen der Preise. Außerdem sahen sich die Unternehmen, sofern sie keine eigenen Währungen (Notgeld) auflegten, gezwungen, immense Menge an Papiergeld heranzuschaffen und an ihre Mitarbeiter zu verteilen. Alleine der Transport und die Verteilung dieser Papierballen erforderte zusätzliches Personal, das wiederum Mehraufwand bedeutete. Alleine das Warten auf die Rechnung in einer Gaststätte verteuerte den Preis für eine Tasse Kaffee um mehrere Tausend-Mark. Am Geschäftsschluss mussten die Geschäftsleute ihre Tageseinnahmen in Kinderwagen, Waschkörben oder Schubkarren zur Bank bringen. Da die Käufer die Läger der Verkäufer schneller lehrten als diese sie wieder auffüllen konnten und das Eindecken mit frischen Waren zunehmend schwieriger wurde, blieben viele Geschäfte einfacher dauerhaft geschlossen.
Güterversorgung auf dem Land
Außerhalb der großen Städte waren die Kaufmöglichkeiten wesentlich geringer. Hier etablierte sich relativ schnell ein Tauschhandel zwischen Sachwerten, da sich das schnell entwertende Geld aufgrund der schlechteren Transaktionsmöglichkeiten wesentlich schwieriger in Güter umwandeln ließ. Da die Bauern zwar relativ hohe Summen an Papiermark gegen landwirtschaftliche Produkte erzielen konnten, diese aber nach wenigen Tagen fast nichts mehr wert waren, hielten diese sich mit Verkäufen von Vieh und Getreide zunehmend zurück. Zwar konnte sich der Großteil der Bauern durch die Inflation ihrer Hypothekenschulden entledigen und wertvollen Hausrat der Städter in ihren Besitz überführen, doch wurde der Verkauf ihrer Erzeugnisse immer unattraktiver. Durch die hohen Inflationsraten musste nur gewartet werden um noch höhere Preise am Markt zu erzielen. Im Sommer 1923 machten sich diese Engpässe an Lebensmitteln in den Städten bemerkbar und es wurde eine Hungersnot befürchtet. Die sich im Inneren bemerkbar machenden Kaufkraftverluste der Mark sorgten gleichzeitig für eine Aufwertung ausländischer Währungen auf deutschen Märkten. Da die Bevölkerung die Mark nicht mehr als wirkungsvolles Zahlungsmittel ansah, nahm die Nachfrage nach „wertstabileren“ Währungen zu. Neben den harten Devisen wie US-$, Schweizer Franken oder holländischer Gulden stieg ebenfalls die Nachfrage nach eher weichen Währungen wie italienische Lire oder tschechische Kronen an, da selbst diese mittlerweile ein wesentliches größeres Vertrauen in der Bevölkerung genossen als die Papiermark. Insbesondere in den Grenzgebieten wurden einheimische Märkte förmlich von fremden Devisen überschwemmt, was die Inflation in Deutschland weiter vorantrieb.
Gewinner und Verlierer der Inflation
- Durch die Inflation kam es in Deutschland zu einer bis dato nicht vorstellbaren Umverteilung von Vermögenswerten. Tugenden wie Arbeit, Sparsamkeit und Ehrlichkeit führten in die Verarmung und degradierten die Lohn-, Gehalts- und Rentenempfänger zu Bittstellern herab, die zur Ernährung ihrer Familien Armenküchen aufsuchen mussten.
- Im Gegensatz dazu konnte eine geringe Anzahl an Großunternehmern, Devisenspekulanten und Warenschieber schnell zu Reichtum gelangen. Dieser wurde offen zur Schau gestellt und in Luxusprodukte investiert. Diese Neureichen kauften alles auf, derer sie habhaft werden konnten. So wechselten Edelmetalle, Schmuck, Gemälde, Porzellan, Gebrauchsgegenstände, Wohnungseinrichtungen, Grundstücke, Häuser, Fabriken den Eigentümer und vergrößerten zunehmend die soziale Ungleichheit. Häufig stammten die neuerworbenen Sachgüter aus ehemals angesehenen Haushalten.
- Insbesondere die Rentiers verloren durch die Inflation ihr gesamtes Vermögen. Zu den Rentiers lassen sich die Personen zählen, die ihren Lebensabend überwiegend durch die Verzinsung ihrer Geldvermögens bestreiten mussten. Hierunter fielen zum Beispiel Privatgelehrte, erfolgreiche Künstler, Schriftsteller, Professoren, Ärzte und Rechtsanwälte. Um die Lebenshaltungskosten aufbringen zu können, waren diese ehemals in Wissenschaft und Kultur zu findenden Eliten gezwungen auch den letzten wertvollen Besitz zu Schleuderpreisen zu verkaufen.
- Im Gegensatz zu dem gegenwärtig immer noch vorhandenen Glauben an die inflationssichere Immobilie stellte sich Hausbesitz kaum als Lösung aus dem Dilemma der Inflation dar. Da die Mietpreise staatlich nach oben hin begrenzt wurden, ließen sich mit Mietobjekten in der Endphase der Inflation keine reale Rendite mehr erzielen.