Ablauf der Währungsreform
Einführung einer neuen, „wertstabilen“ und gedeckten Währung - die Rentenmark
Die große Inflation in Deutschland konnte mit der Währungsreform im November 1923 beendet werden. Als neue Währung kamen für die Zeitgenossen nur solche mit einer Deckung durch wertbeständige Rohstoffe in Betracht. Diese Vorstellung resultierten aus den positiven Erfahrungen der Goldmark im Deutschen Kaiserreich. Um aber wiederum eine mit Gold gedeckte neue Währung einzuführen, fehlten der Reichsbank schlichtweg die nötigen Reserven. Ein Ausweg aus diesem Dilemma bot die Einführung einer anderweitig gedeckten Währung. Dazu entwickelte man die Rentenmark. Diese war durch eine Grundschuld auf deutschen Boden und Anlagekapital gedeckt und gab den Märkten das Vertrauen in die deutsche Währung zurück.
Gründung der Deutschen Rentenbank
Zur Ausgabe der neuen Banknoten wurde die Deutsche Rentenbank am 15. Oktober 1923 gegründet. Das Grundkapital für das neue Währungsinstitut stammte auf der einen Seite von der Land- und Forstwirtschaft und auf der anderen Seite aus Industrie, Handel und Gewerbe. Dies bedeutete eine vollständige Belastung der gewerblichen Grundflächen zu Gunsten der Rentenbank. Auf der einen Seite standen der Reichsbank Zinszahlungen auf die Grundschuld der Unternehmen von 6 % pro Jahr zu. Auf der anderen Seite erhielten dieselben Unternehmen als Anteilseigner der Rentenbank eine Gewinnbeteiligung in der Höhe von 6 %.
Dieses Konstrukt stellte im Fall einer vollständigen Gewinnausschüttung ein Nullsummenspiel dar und war in erster Linie reine Fiktion. In der Praxis hätte man niemals diese Vermögensschuld in voller Höhe aufbringen können. Außerdem war die Ausgabe von Rentenbankscheinen an das volkswirtschaftliche Vermögen gebunden. Rentenbankscheine waren zwar keine gesetzlichen Zahlungsmittel, konnten aber von öffentlichen Kassen als Zahlungsmittel angenommen werden. Die Ausgabe der Rentenbankscheine war auf die Höhe des Grundkapitals von 3,2 Milliarden Rentenmark bzw. 3,2 Milliarden Goldmark begrenzt. Damit der Staat die Geldmenge nicht wieder über das Anschmeißen der Druckerpresse erhöhen konnte, verboten die Verantwortlichen der Reform die Diskontierung von Schatzanweisungen (kurzfristigen Krediten) durch die Reichsbank. Vereinfacht gesagt konnte die Reichsbank dem Staat nun nicht mehr unbegrenzt Kredite geben. Das Geldmengenwachstum stoppte und die zum Schluss stündliche Geldentwertung der Papiermark endete.
Wechselkurse zwischen alter Papiermark, Rentenmark, Reichsmark und US-Dollar
Als die Rentenbank am 15. November die ersten Rentenbankscheine ausgab, nahm das Vertrauen der Bevölkerung in diese neue Übergangswährung rasch zu. Parallel dazu zirkulierte die Papiermark zu einem festen Umrechnungskurs zum US-Dollar und zur Rentenmark. Dabei entsprachen 4,2 Billionen Papiermark 1 US-Dollar und 4,2 Rentenmark. Auf diese Weise kehrte man auf das ursprüngliche Verhältnis von 1 Goldmark gleich 1 US-Dollar zu 4,2 (Papier–)Mark zurück. Ursächlich für die Preisstabilisierung waren die Kreditbeschränkungen an das Reich sowie an die privaten Unternehmer.
Einführung der Reichsmark und Rückkehr der Reichsbank
Mit der Rentenmark etablierte sich eine stabile Übergangswährung. Ab dem 30. August 1924 endete die Große Inflation mit der Einführung der Reichsmark endgültig. Dabei entsprach 1 Reichsmark wiederum 1 Goldmark sowie 1 US-Dollar 4,2 Reichsmark. Gleichzeitig konnte das Reich einen ausgeglichenen Haushalt aufweisen und somit die Ausgaben durch ordentliche Steuereinnahmen begleichen. Bis 1925 waren somit in Deutschland 3 Währungen als Zahlungsmittel vertreten. Im Zuge der Reichsmarkeinführung erhielt die Reichsbank ihre Rolle als Notenbank zurück und wurde zum ersten Mal von der Reichsregierung unabhängig. Gegenüber dem Staat war gesetzlich nur noch eine kurzfristige Kreditvergabe in Höhe von maximal 400 Millionen Reichsmark möglich.
Neuordnung der Reichsbank
Trotz dieser Unabhängigkeit gegenüber dem Staat unterlag die Reichsbank der Kontrolle einer internationalen Konferenz. Die Siegermächte des 1. Weltkriegs behielten sich im Rahmen des Dawes-Plan vor, von den 14 Mitgliedern des Generalrates (Aufsichtsrat) die Hälfte durch eigene Vertreter zu besetzen. Jeweils ein Mitglied stammte aus den USA, dem britischen Empire, Frankreich, den Niederlanden, Italien und der Schweiz. Die restlichen 7 Sitze in diesem Gremium nahmen deutsche Vertreter ein. Der gesamte Generalrat wählte aus den Reihen der deutschen Mitglieder den Reichsbankpräsidenten. Einer der ausländischen Vertreter fungierte als Kommissar für die Notenausgabe und überwachte die Einhaltung der Deckungsvorschriften.
Deckungsvorschriften der Reichsmark
Die im Umlauf befindliche Geldmenge musste zu mindestens 30 % durch Gold und zu weiteren 10 % durch in Gold konvertierbare Devisen gedeckt sein. Zusätzlich schrieben die Währungsgesetze der Reichsbank vor die übrige Geldmenge über Handelswechsel abzusichern. Dabei mussten die Handelswechsel wirkliche Handelsgeschäfte repräsentieren und somit der Geldmenge wirkliche Sachwerte gegenüberstellen. Zwar konnte die Reichsbank maximal 8 % der Banknoten ohne Deckung dem Geldmarkt zur Verfügung stellen, doch musste sie darauf eine Notensteuer zahlen. Ein Unterschied bezüglich der Deckung bestand in der Umwandlung der Banknoten in Gold. Auf dem Papier war das Geld zwar gedeckt, aber in der Realität hatte der Inhaber einer Banknote keinen Anspruch auf die Einlösung in Goldmünzen. Es gelangten also keine auf Gold lautende Zahlungsmittel in den Währungsumlauf. Im Falle von größeren Mengen an Bargeld konnte dieses gegen Goldbarren umgetauscht werden. Diese Goldwährung findet man in der Literatur auch unter dem Begriff Goldkernwährung. Insgesamt war die Reichsmark nach der Währungsreform im internationalen Vergleich leicht überbewertet und verringerte die Konkurrenzfähigkeit deutscher Waren im Ausland.
Umgang mit den Altschulden
Abkehr vom Prinzip Mark gleich Mark
In Folge der Hyperinflation hatten viele Schuldner ihre Kredite mit wertlosem Papiergeld zurückgezahlt. Besonders auf Immobilienbesitzer kündigten ab 1922 reihenweise ihre Hypothekenschulden und beglichen ihre Immobilienkredite auf einen Schlag. Als Präsedenzfall für spätere Urteile kann das Urteil des Reichsgerichtes in Leipzig vom 28. November 1923 angesehen werden. Das Gericht bewertete die Tilgung mit entwertetem Geld nicht als Tilgung der Schuld. Vor diesem Urteil hielt die Justiz an dem Nominalprinzip Mark = Mark fest. Trotz der Anerkennung der Forderungen ging das Reichsgericht nicht auf die Höhe möglicher Rückzahlungen ein, sondern billigte den untergeordneten Gerichten für den Einzelfall Ermessungsspielräume zu. Dieses Urteil bedeutete eine rechtliche Unvorhersehbarkeit und resultierte in einer Prozesslawine, die erst 1928 vollständig endete.
Geringe Rückzahlungen an die Gläubiger
Der Gesetzgeber schaffte erst 1925 mit dem Aufwertungsgesetz rechtliche Rahmenbedingungen für den Umgang alter Schulden. Guthaben auf Girokonten und alte Papiermarkbestände aus der Vorkriegszeit erfuhren keinerlei Aufwertung. Besitzer von Anleihetitel von privaten Emittenten wie beispielsweise Unternehmensanleihen konnten sich über eine Aufwertung von 15 %. Aus einer Schuld von 1.000 Mark wurden auf diese Weise 150 Reichsmark. Hypotheken und sonstige Grundpfandrechte erfuhren eine Aufwertung von 25 % auf die ursprüngliche Schuldsumme. Durch diese Regelung verwandelten sich die Anleiheschulden des Reiches in Höhe von 70 Milliarden in eine Ablösungsschuld von circa 1,75 Milliarden Reichsmark. Inhaber von Staatsanleihen, die vor dem Juli 1920 gekauft und nicht während der Inflationsphase wieder verkauft wurden, erhielten ein Auslosungsrecht. Je nach Los erhielten die Eigentümer zu einem bestimmten Tilgungsdatum 12,5 % des Anleihebetrages zurückerstattet. Dabei waren Zeitpunkte für die nächsten 30 Jahre vorgesehen. Bei Anleihen von Nennwerten mit weniger als 500 Mark, zahlte das Reich die Schuld in der Regel nicht wieder zurück. Ausgenommen davon waren einkommensschwache Haushalte. Diese erhielten Bargeld in Höhe von 8 % bis 15 % des Nennwertes.
Entschädigungszahlungen im europäischen Vergleich
Trotz dieser Einbußen bewertete Carl–Ludwig Holtfrerich diese Entschädigungszahlungen als nicht wesentlich schlechter als in den anderen europäischen Staaten. Diese erlebten ebenfalls Phasen mäßiger Inflationsraten, wodurch die einheimischen Anleihebesitzer ebenfalls Vermögen verloren.