Baumängel – das müssen Sie als Bauherr wissen!
Eines gleich vorweg: Ein mangelfreier Hausbau ist eher die Ausnahme als die Regel! Aber Sie als Bauherr haben Anspruch auf ein mangelfreies Haus. Punktum!
Wo Menschen arbeiten, kann es zu Fehlern kommen – auf einer Baustelle mit zahlreichen Handwerkern ist das nicht anders. Aber Mängel müssen nicht folgenschwer sein, vorausgesetzt, sie werden als solche rechtzeitig erkannt – und genau hier liegt die Krux. Die meisten Bauherren wissen nicht, wie sie Mängel feststellen und diese beheben lassen. Ärger und Frustration sind dann vorprogrammiert.
Damit es gar nicht erst so weit kommt und Ihnen auftretende Baumängel nicht den Schlaf rauben, finden Sie im Folgenden Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema Baumängel.
Was ist überhaupt ein Baumangel?
Ein Baumangel liegt dann vor, wenn die (z. B. von den Handwerkern) erbrachte Leistung nicht den vertraglichen Vereinbarungen und/oder den anerkannten Regeln der Bautechnik entspricht – also eine Abweichung vom Sollzustand (mit negativen Auswirkungen).
Oder etwas technischer formuliert:
Von einem baulichen Mangel spricht man, wenn der Bauteil nicht die vereinbarte oder übliche Beschaffenheit/Qualität/Ausführung aufweist und daraus optische, funktionelle oder sicherheitstechnische Beeinträchtigungen resultieren. Die Ursachen dieser Baumängel können u. a. im verwendeten Baumaterial und/oder in der Verarbeitung liegen.
Seien Sie sich bewusst:
Je früher Sie einen vorhandenen Mangel feststellen und beheben lassen, desto geringer sind der Aufwand und alle daraus resultierenden negativen Folgen (z. B. Bauschäden, Bauverzögerungen, Mehrkosten).
Ein Mangel ist von der entsprechenden Firma zu beheben. Nun gibt es auch Abweichungen vom Sollzustand, die keine nennenswerten negativen Folgen nach sich ziehen, also geringe Mängel. In der Praxis werden solche Mängel von Bauherren häufig hingenommen, im Gegenzug gewährt der Auftragnehmer einen Preisnachlass.
Inwieweit es sich um einen hinnehmbaren Mangel handelt, entscheiden der Bauherr bzw. der Baubetreuer und der Handwerker einvernehmlich. Kommt es zu keiner Einigung, landet der Fall in der Regel vor Gericht.
Welche baulichen Mängel treten beim
Hausbau häufig auf?
Zu den häufigsten Baumängeln zählen:
- Fehler in der Ausführung von Feuchtigkeitsabdichtungen (Dachkörper, Fundament)
- unsachgemäße Ausführung von Fugenabdichtungen
- Wärmebrücken
- unzureichende Schalldämmung von Bauteilen
- mangelhafte Ausführung von Installationsarbeiten – insbesondere in Bereichen der Elektro- und Heizungsinstallation
Wie stelle ich einen Baumangel fest?
Wenn Sie nicht vom Fach sind – und das trifft auf die meisten Bauherren zu –, dann werden Sie bestimmte Mängel gar nicht feststellen können, falls diese nicht offensichtlich sind.
Ein Riss in der Mauer, ein Sprung in einer Fliese, ein Kratzer an einer Armatur, ein Bauteil hat nicht die vorab ausgewählte Farbe – alles Mängel, die offensichtlich sind und die Sie auch als Laie ohne Schwierigkeiten ausmachen können.
Hingegen werden Sie Mängel wie Wärmebrücken, unsachgemäße Anbringung einer Dampfsperre oder die mangelhafte schalltechnische Entkoppelung von Installationen (z. B. bei Rohrschellen, Montageschienen) voraussichtlich nicht feststellen können. Allerdings sind genau bei diesen Mängeln die Folgeschäden wesentlich schwerwiegender (Durchfeuchtung der Wärmedämmung, Schimmelbildung, Wärmeverluste, höherer Heizenergiebedarf, störende Schallausbreitung etc.) als bei den erstgenannten offensichtlichen. Am besten ziehen Sie zur Mängelerhebung einen unabhängigen Fachmann hinzu – dazu mehr in den unten aufgeführten Tipps.
Was hat es mit der Gewährleistung auf sich?
Sie als Bauherr haben während des Hausbaus jederzeit die Möglichkeit, die entdeckten Mängel zu reklamieren, und das Recht auf deren zeitnahe Behebung.
Aber nicht nur während der Bauabwicklung müssen die Mängel von den ausführenden Unternehmen behoben werden: Wenn Ihr Haus steht und Sie die einzelnen Leistungen bereits abgenommen haben, tritt die Gewährleistungszeit in Kraft. Innerhalb dieses Zeitraumes müssen Mängel von den Firmen kostenlos beseitigt werden.
Deshalb empfiehlt es sich auch, vor Ablauf der Gewährleistungsfrist (etwa ein halbes Jahr vorher) eine abschließende Begehung zur Feststellung eventueller Mängel durchzuführen.
Wie lange gilt die Gewährleistungsfrist?
Es gilt zu unterscheiden:
- Gewährleistungsfrist nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B): 4 Jahre
- Gewährleistungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB): 5 Jahre
Empfiehlt Ihnen ein Bauunternehmer für die Vertragsabwicklung die Gewährleistungsfrist nach der VOB/B, sollten Sie hellhörig werden. Das ist unseriös! Denn für Verträge mit privaten Hausbauern ist in der Regel das BGB maßgeblich und dadurch gilt eine Gewährleistungsfrist von 5 Jahren.
Verträge gemäß VOB/B werden hingegen häufig im gewerblichen und kommunalen Bereich abgeschlossen.
Ab wann gilt die Gewährleistungsfrist?
Die „Gewährleistungsuhr“ tickt nach Abnahme der Bauleistung. Wenn Ihr Eigenheim fertiggestellt ist und Sie die Bauleistungen abgenommen haben, können Sie ab diesem Zeitpunkt nach BGB innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren von den Handwerkern eine (kostenlose) Mängelbeseitigung fordern. Nach Ablauf dieser Frist können Sie nur noch in Ausnahmefällen – z. B. bei arglistiger Täuschung – Ihre Gewährleistungsansprüche durchsetzen.
Noch etwas zur Bauabnahme:
Die Bauabnahme ist üblicherweise ein formeller Akt, bei der Sie als Bauherr bestätigen, dass Ihr Auftragnehmer (z. B. das Handwerksunternehmen) die vertraglich vereinbarte Leistung erbracht hat.
In der Praxis wird hierzu ein Abnahmetermin einberufen, bei dem Sie – evtl. mit Unterstützung Ihres Architekten oder eines Sachverständigen – eine Begehung vor Ort mit dem Handwerker durchführen und die erbrachte Leistung begutachten. Die Abnahme wird protokolliert und von den am Abnahmetermin beteiligten Personen unterzeichnet. Vorhandene Baumängel werden schriftlich dokumentiert und es werden Fristen für die Mängelbehebung festgelegt.
Bei schweren Mängeln können Sie als Bauherr allerdings auch die Abnahme verweigern. Sie findet dann erst nach Beseitigung der Mängel statt.
Wichtig: Die Abnahme hat eine Änderung der Rechtsverhältnisse zwischen Bauunternehmen und Ihnen als Bauherr zur Folge. So wird etwa durch diesen Akt die Beweislast umgekehrt: Wird nach der Abnahme ein Mangel sichtbar, müssen Sie im Streitfall nachweisen, dass dieser auf die unsachgemäße Ausführung des Bauunternehmens zurückzuführen ist.
Zum heiklen Thema Bauabnahme hat der Verband Privater Bauherren einen Ratgeber herausgebracht, den Sie hier kostenlos herunterladen können.
Wie kann ich Baumängeln vorbeugen?
Dazu 5 Tipps:
1. Informationen über das Unternehmen vorab einholen
Bevor Sie eine Firma beauftragen, informieren Sie sich über das Unternehmen, z. B. bei Bauherren, die mit dieser Firma bereits zusammengearbeitet haben. Wie sind deren Erfahrungen, wie ist es um den Ruf des Unternehmens bestellt? Dadurch können Sie schon vorab „Problemunternehmen“ ausmachen.
2. Baukontrolle durch einen unabhängigen Fachmann
Generell empfiehlt sich eine laufende Baukontrolle, die den Handwerkern auf die Finger schaut. Nur so können Mängel rechtzeitig erkannt und behoben werden, um daraus resultierende Schäden zu vermeiden.
Wie bereits oben angeführt, können Sie als Laie zahlreiche Mängel nicht als solche erkennen. Deshalb sollten Sie einen Fachmann beauftragen. Das kann Ihr Architekt oder ein unabhängiger Gutachter sein. Der TÜV und die DEKRA bieten hierzu ebenso unabhängige Fachleute.
Erfahrungsgemäß fördert eine regelmäßige Baukontrolle die Sorgfalt in der Ausführung der Arbeiten. Auch wenn eine solche Kontrolle mit Kosten verbunden ist (als Richtwert ca. 1 % der Bausumme), können Sie sich als Bauherr durch diese Investition viel Geld und Ärger ersparen.
3. Auf eine detaillierte Leistungsbeschreibung achten
Je detaillierter die Leistungsbeschreibung, desto geringer die Gefahr, dass es im Nachhinein zu Streitigkeiten im Zusammenhang mit mangelhafter Leistungserbringung kommt. Eine vage oder unzureichende Leistungsbeschreibung wirkt oft wie ein Bumerang, der Sie später schmerzlich treffen kann. Unterstützung bei der Prüfung der Baubeschreibung bietet Ihnen wieder der in Punkt 2 genannte Fachmann.
4. Zahlungsplan vereinbaren
Damit Sie bei der Mängelbehebung gegenüber den Handwerkern auch ein gewisses Druckmittel haben, vereinbaren Sie am besten einen Zahlungsplan – also eine Zahlung nach Baufortschritt. Darin wird festgelegt, dass erst nach mängelfreier Fertigstellung einer Bauleistungsetappe die entsprechende Abschlagszahlung erfolgt.
5. Gewährleistungsbürgschaft oder Sicherheitseinbehalt
Nicht selten kommt es vor, dass ein Bauunternehmen oder eine Handwerksfirma während der Gewährleistungsfrist insolvent wird. Dann bleiben Sie auf eventuell vorhandenen Mängeln und den Kosten trotz Gewährleistungsanspruch sitzen.
Um dem vorzubeugen, haben Sie grundsätzlich zwei Möglichkeiten: eine Gewährleistungsbürgschaft oder der Sicherheitseinbehalt. Diese Sicherheitsleistungen schützen zwar nicht vor baulichen Mängeln, aber Ihr finanzielles Risiko wird damit verringert.
Bei der Gewährleistungsbürgschaft stellt der Auftragnehmer eine Bürgschaft, die beispielsweise durch eine Bank oder Versicherung getragen wird. Beim Sicherheitseinbehalt werden max. 5 % von der Auftragssumme einbehalten und auf einem Sperrkonto hinterlegt. Erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist erhält der Auftragnehmer den Betrag angewiesen.
Wie muss ich bei der Reklamation
eines Baumangels vorgehen?
Die Mängelanzeige bildet die Grundlage dafür, dass Sie als Bauherr weitere Rechte durchsetzen können.
Für die Behebung der Mängel ist Ihr Vertragspartner verantwortlich und an ihn ist die Mangelmeldung zu richten. Eine Übersicht über die diversen Baupartner und die Vertragskonstellationen finden Sie hier.
Gehen Sie am besten wie folgt vor. (Steht Ihnen ein Baubetreuer zur Verfügung, wird er sämtliche erforderlichen Schritte zur Mängelbehebung für Sie in die Wege leiten.)
- Dokumentieren Sie den Baumangel, und zwar schriftlich (!) und mittels Bild (evtl. zusätzlich per Videoaufzeichnung).
- Formulieren Sie detailliert, was genau nicht funktioniert bzw. welcher Bauteil einen Mangel aufweist.
- Legen Sie eine angemessene Frist mit genauem Datum (z. B. „bis zum …“) zur Mängelbehebung fest, die sich nach dem Umfang des Mangels richtet (grober Richtwert: zwei Wochen). Eine Formulierung wie „umgehend“ oder „möglichst schnell“ ist unzureichend.
- Übermitteln Sie dem zuständigen Auftragnehmer (Handwerker) die Mangelmitteilung auf dem Postweg per Einschreiben – nicht per E-Mail oder mündlich per Telefon! Bei Bedarf findet in weiterer Folge mit dem betreffenden Handwerker eine Begehung vor Ort statt, um den Sachverhalt zu prüfen.
- Erfolgt keine Reaktion seitens des Handwerksunternehmens, wird der Mangel also nicht bis zur festgesetzten Frist behoben, setzen Sie eine Nachfrist, die Sie wieder schriftlich und per Einschreiben kundtun.
- Bleibt auch diese unberücksichtigt und kommt es zu keiner Einigung, sollten Sie sich an einen Fachanwalt wenden. Grundsätzlich haben Sie dann mehrere Möglichkeiten: Sie können den Baumangel von einem anderen Unternehmen beheben lassen (Selbstvornahme) und hierfür eine Kostenerstattung einfordern, eine Preisminderung geltend machen oder einen Schadensersatz fordern. All diese Möglichkeiten sollten aber stets mit einem Fachanwalt abgestimmt werden. Der Weg zum Gericht sollte immer der letzte Schritt sein.